Schwandorf Marktplatz 4
| Schwandorf Marktplatz 4 | |
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| Adresse: | Marktplatz 4 92421 Schwandorf |

Ein 1980 von Grund auf neu erbautes Haus, dessen Fassade sich am Vorgängerbau orientiert.
Geschichte
Die ältesten bekannten Eigentümer sind Vity Lorenz Buz, Tuchmacher, und dessen Ehefrau Margarethe geb. Holzgarten. Da beide Ehegatten bei der Hochzeit 1686 eine „auswärtige“ Herkunft angaben, ist anzunehmen, daß sie das Gebäude um die Zeit käuflich erworben haben.
Vier Generationen lang sollten ihre Gene im Haus bleiben, obgleich sich wegen der weiblichen Erbfolge bei jeder Generation der Familienname änderte. Von Buz über Hildebrand zu Dreher. Alle Schwiegersöhne übten das Metzgerhandwerk aus.
Jakob Dreher nahm sich 1790 Anna Maria Devora zur Ehefrau. Sie ist eine in Dietfurt geborene Tochter eines italienischen Kaufmanns. Anna Marias Bruder Matthias war ab 1792 Stadtpfarrer in Dietfurt.
Jakobs Sohn Franz Xaver übernahm das Anwesen samt Fleischhackergerechtigkeit, blieb aber unverheiratet, so daß sich 1860 nach seinem Tod die Erbengemeinschaft, bestehend aus den Geschwistern, zum Verkauf des Hauses entschloß.
Neuer Eigentümer wurde der aus Ensdorf stammende Metzger Ulrich Roggenhofer. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse waren wohl angespannt, denn nach 9 Jahren kam es zur Versteigerung des Besitzes.
Den Zuschlag erhielt Georg Max Pesserl, ein bereits im Austrag befindlicher Kommunbrauwirt und Tuchmacher aus der Spitalstraße. Nach dem Tod seiner Ehefrau verkaufte Georg Max das Anwesen und verließ Schwandorf.
Der Bäcker Georg Lorenz aus Diendorf nutzte 1876 die Gelegenheit zum Kauf. Um diese Zeit hatte die königliche Gendamerie ihr Domizil im Gebäude. Drei Gendarmen werden mit Wohnsitz hier aufgeführt. Doch auch Georg besaß Haus und Hof nur kurz. 1880 kam es erneut zur Versteigerung.
Eigentümer wurde ein Güterhändler aus Breitenbrunn. Dieser „zertrümmerte“ den Besitz, das heißt: er verkaufte die vorhandenen Gerechtigkeiten und Grundstücke einzeln und zum Schluß vertauschte er das Haus, ohne weiteres Zubehör, mit einem Anwesen in Laaber.
Tauschpartner war 1881 Johann Baptist Wifling, ein Bäcker und Verwandter des Vorbesitzers Georg Max Pesserl. Seine Kapitaldecke scheint nicht stark gewesen zu sein, denn er verkaufte nun den rückwärtigen Stadel samt Hofraum an den Nachbarn Josef Schmidt. Seitdem hat das Haus keine Zufahrt mehr von der Spitzwegstraße aus.
Doch dies reichte nicht, es kam erneut zur Versteigerung. Diesmal sprang der Vater von Johann Baptist ein und rette so der Familie die Existenz. Danach besserten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse. 1903 erbte Katharina Wifling vom Großvater das Haus. Nun stand die 18jährige da, zwar mit Haus, aber ohne Bäcker. 1908 nutzte der Bäckersohn Kilian Andree aus Ebelsbach die Gelegenheit zur Einheirat.
Mit ihm zogen auch die Mauerer ins Haus. Noch 1908 errichtete er eine zweistöckige Abortanlage mit Altane. Seit 1910 nutzte er die Abwärme des Backofens und betrieb ein öffentliches Bad mit zwei Wannen. 1913 bekam der Bäckerladen einen Eingang vom Marktplatz her und zusätzlich eine Schaufensteranlage.
1978 erwarb die Raiffeisenbank Schwandorf-Nittenau das Haus. 1980 erfolgten der Abbruch und die Errichtung eines modernen Bankgebäudes, dessen Fassade sich am Altbestand orientierte. Im Mai 1980 fanden Bauarbeiter eine Fliegerbombe im Erdreich des Hofraums. Das drei Zentner schwere und noch scharfe Relikt des Bombenangriffs vom 17. April 1945 wurde von einer Spezialeinheit geborgen und im Truppenübungsplatz Grafenwöhr gesprengt. Wäre die Bombe explodiert hätte dies wohl verheerende Auswirkungen auf den sonst vom Angriff verschont gebliebenen Marktplatz gehabt.
Heute gehört das Gebäude der Stadt Schwandorf und in die Büros zogen Teile der Stadtverwaltung ein.
Kunst am Bau
Auf älteren Bildern sieht man im 1. Obergeschoß der Westfassade eine Mauernische mit einer Holzfigur den Hl. Michael darstellend. Diese Holzfigur wurde beim Abbruch des Hauses 1980 geborgen und restauriert. Danach zierte sie den Schalterraum der Bank im Erdgeschoß.
In der neu erbauten Mauernische im 1. Obergeschoß steht seit 1983 eine Vollplastik den Hl. Martin mit Pferd und Bettler darstellend. Es handelt sich um einen eingefärbten Zementguß mit der Höhe von 90 cm und einer Breite von 50 cm. Die Raiffeisenbank Schwandorf-Nittenau e.G. hat die Plastik beim Künstler Gerhard Maisch in Fürth in Auftrag gegeben.
Persönlichkeiten
- Vity Lorenz Buz (geb. 1660, gest. 18. Februar 1721) Tuchmacher, Bäcker, Senator und Bürgermeister von 1701 bis 1721. Bei seinem Tod wurde ihm eine besondere Auszeichnung zuteil: er wurde in einem Ehrengrab, im eigentlich bereits aufgelassenen Friedhof bei der Pfarrkirche St. Jakob, beigesetzt.
- Johann Konrad Buz (geb. 11. Februar 1707) Priester, 1742/43 Cooperator in Oberviechtach
- Leonhard Hildebrand (geb. 21. November 1695, gest. 4. Juni 1767) Hirschenwirtssohn, Metzger, Bürgermeister von 1743 bis 1767