Verlag Johann Esaias von Seidel

Aus OberpfalzWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Verlag Johann Esaias von Seidel (auch Verlag J. E. v. Seidel) war ein im heutigen Sulzbach-Rosenberg ansässiger Verlag mit Druckerei.

Geschichte

Die Geschichte des Verlags geht auf die älteste Druckerei von Sulzbach zurück. Diese wurde 1664 durch Abraham Lichtenthaler eingerichtet und entwickelte sich zur größten der zwischenzeitlich vier Sulzbacher Druckereien. Die Sulzbacher Druckereien nahmen vor allem durch die Ausstrahlung des Hofes von Pfalzgraf Christian August (1622-1708) eine rasche Entwicklung. Auch sein Hofkanzler Christian Knorr von Rosenroth (1636-1689) förderte das Sulzbacher Druckerwesen. Die Familie Lichtenthaler besaß die Druckerei bis 1780.

Nach dem Tod seines Onkels Georg Abraham Lorenz Lichtenthaler (1711-1780) übernahm Johann Esaias von Seidel auf Wunsch von dessen Witwe die Geschäftsführung der Verlagsdruckerei. Im Jahr 1785 kaufte er die Druckerei. Schon wenig später setzte von Seidel auf die Ausweitung des Geschäfts durch den Erwerb der anderen Druckereien am Ort. Im Jahr 1790 übernahm der die lutherische Druckerei und schon 1797 auch die Katholische.

Nach dem Tod des Johann Esaias von Seidel übernahmen dessen Söhne den Verlag. Im Jahr 1854 verkauften sie ihren Verlag an den Regensburger Verleger Friedrich Pustet. Pustet verkaufte den Verlag im Jahr 1877 an Dieter Wotschack, welcher schon seit 1848 als Prokurist im Verlag arbeitete. Unter der Familie Wotschak wurde auch das Sulzbacher Wochenblatt weiter ausgebaut.

Der Druckereibetrieb des Verlags wurde im Jahr 1976 eingestellt. Als Ingomar Wotschak als Verleger in vierter Generation 2006 verstarb, stellte der Verlag seinen Betrieb ein.

Heute agiert die J. E. v. Seidel GmbH & Co. KG vor allem als Immobilienverwalterin.

Verlagsprogramm

Der Verlag J. E. v. Seidel gab u.a. die erste Sulzbacher Zeitung, das später sogenannte Sulzbacher Wochenblatt heraus.

Im ganzen deutschsprachigen Raum waren damals die 1838 begründeten Sulzbacher Kalender verbreitet, welche sich bis in die 1930er Jahre großer Beliebtheit erfreuten.

Wirken

Der Verlag war im damaligen Heiligen-Römischen-Reich deutscher Nation bestens vernetzt und diente als wichtige Drehscheibe für die Vermittlung neuer Strömungen in Kunst, Kultur und Religion. Durch das Verlagsprogramm wurden die bayerischen Reformen im Sinne einer Verwaltungsmodernisierung und die Geistesströmung der Irenik propagiert.

Sulzbacher Schloss

Im Jahr 1807 erwarb von Seidel das leerstehende Sulzbacher Schloss, um dort die Geschäftssparten des Verlags zusammenzuführen. Sein Engagement im Schloss trug maßgeblich zu dessen baulicher Erhaltung bei.

Die Betriebsräume im Schloss wurden 1863 vom Verlag wieder aufgegeben, welcher in diesem Jahr in kleiner Räume zog. Diese werden heute als Museum Historische Druckerei Seidel genutzt.

Verlagsarchiv

Das Archiv des Verlags reicht zehn Generationen zurück und umfasst sowohl Geschäftsschriftgut als auch diverse Bücher des ehemaligen Verlagsprogramms. Beim Tod des letzten Besitzers wurde das Archiv gesichert und seine Erschließung begann.[1]

Der bisher aufsehenerregendste Fund im Archiv war bis dahin unbekannte Wilhelm Busch Geschichte Der Kuchenteig durch Stadtarchivar Johannes Hartmann im Jahr 2010.[2]

Schriftgut

Im Verlagsarchiv finden sich u.a. folgende schriftliche Überlieferungen:

  • Briefkopiale (1813-1917)
  • Rechnungsjournale
  • Haupt-, Konten-, Kassen und Lagerbücher (seit 1785)
  • Tagebücher der Drucker und Setzer
  • Urkunden
  • Rechnungen
  • Akten
  • Autorenmanuskripte
  • Pläne und Landkarten
  • Lokalzeitungen (ab 1771), darunter auch das Sulzbacher Wochenblatt
  • Handbibliotheken von Druckerei, Verlagsbesitzern und Buchhandlung
  • Großhandelskataloge (1785-2006)
  • ca. 1.500 der zwischen 1785 und 2006 erschienenen Verlagstitel (ca. 90 Prozent der Titel)

Materielle Überlieferung

Außerdem finden diverse Ausrichtungsgegenstände der alten Druckerei überliefert:

  • rund 4.000 Druckformen
  • Letternkästen
  • Maschinen und Werkzeuge
  • Mobiliar
  • Ausstattungsteile aus Verlag, Buchhandlung, Druckerei
  • andere Ausstattungsgegenstände (Skulpturen, Instrumente, Gemälde etc.)

Weblinks

Literatur

  • Markus Lommer (Hrsg.): Johann Esaias von Seidel (1758-1827). Zum 250. Geburtstag eines bayerischen Verlegers (Schriftenreihe des Stadtmuseums und Stadtarchivs Sulzbach-Rosenberg, Band 23), Sulzbach-Rosenberg 2008.

Einzelnachweise