Historische Flachsherstellung - Parsberg

Die Flachsverarbeitung umfasst sämtliche Arbeitsschritte, die notwendig sind, um aus der Flachspflanze verwertbare Fasern zur Herstellung von Leinen zu gewinnen. Diese Prozesse waren über Jahrhunderte wichtiger Bestandteil der ländlichen Arbeitskultur, insbesondere in der Oberpfalz.[1] Archäologische Funde belegen Flachsanbau und -verarbeitung bereits in der Jungsteinzeit und Bronzezeit in Mitteleuropa.[2]
Aussaat und Anbau
Die Aussaat des Flachses erfolgt im April oder spätestens im Mai, häufig gemeinsam mit Sommergetreide. In der Oberpfalz wurde der Flachs auch „Haar“ genannt und traditionell in den astrologischen Zeichen des Widders oder Löwen gesät. Für optimales Wachstum benötigt die Pflanze viel Sonne und wenig Regen. Während der gesamten Wachstumsperiode muss das Flachsfeld regelmäßig ausgegrast werden. Zur Zeit der Sonnenwende erreicht der Flachs seine Blüte.[1]
Das Anziehen des Flachses ein elementarer landwirtschaftlicher Vorgang in bäuerlichen Betrieben. In der Oberpfalz war „Haar“ eine Bezeichnung für Flachs – und traditionelle Aussaatzeiten bzw. Zeichen wurden beachtet.[3]
Ernte
Geerntet wird der Flachs, sobald die Samenkapseln eine bräunliche Färbung aufweisen – nach der Getreide- und vor der Kartoffelernte. Der Flachs wird per Hand mitsamt der Wurzel aus dem Boden gerupft, ein Vorgang, der als Raufen bezeichnet wird. Danach legt man die Pflanzen in faustgroßen Büscheln gekreuzt zu Garben und stellt diese zum Nachreifen und Trocknen auf.[1]
Dörren und Schwingen
Das Dörren erfolgt entweder im Dörrhaus oder im Backofen. Die Temperatur darf 50 °C nicht überschreiten, da sonst die Fasern beschädigt werden.[1]
Beim anschließenden Schwingen werden restliche Hülsen- und Holzteile entfernt. Dazu wird der gebrochene Flachs in einen Schwingstock gelegt und mit einem Schwingmesser bearbeitet.
Riffeln und Gewinnung des Leinsamens
Beim Riffeln zieht man die Flachsstängel durch Eisenkämme, damit die Samenkapseln (Bollen) abfallen. Diese werden gedroschen, um den Leinsamen zu gewinnen, der anschließend getrocknet und gesiebt wird. Ein Teil des Samens bleibt zur Aussaat zurück, der Rest wird verkauft. Besonders glänzende Samen erzielen höhere Preise.[1]
Tauröste
Nach dem Riffeln folgt die Tauröste, eine natürliche Gärung, die durch Regen, Tau, Wind und Sonnenschein ausgelöst wird. Dafür werden die Flachsbüschel dünn auf trockenen, luftigen Wiesen ausgebreitet. Ein Bauernspruch besagt, dass Sonne und Mond durch die ausgelegten Pflanzen „durchschauen“ können sollten. Die Tauröste dauert 3 bis 5 Wochen und erfordert regelmäßiges Wenden. Aufgrund der Wasserarmut auf der Jura-Hochebene war dieses Verfahren in der Region um Parsberg am verbreitetsten.[1]
Brechen und Hecheln
Beim Brechen werden die holzigen Stängelteile mit stumpfen Holzmessern zerkleinert, ohne die inneren Fasern zu beschädigen. Dabei entsteht feiner Staub, der früher von den Arbeiterinnen eingeatmet wurde. Der gebrochene Flachs wird zu Zöpfen gedreht.
Im Anschluss werden diese Flachszöpfe gehechelt, um die Fasern weiter zu trennen. In der Grobhechel bleibt das kürzere Werg zurück, während die längeren Fasern weiterverarbeitet werden. Die Feinhechel sorgt für zusätzliche Reinigung und Ausrichtung der Fasern.[1]
Weiterverarbeitung zu Leinen
Nach dem Spinnen werden die Fäden zu Strängen gewickelt, in Aschenlauge ausgekocht und ausgewaschen. Erst danach können sie zu Leinwand verwoben werden.[1] Leinen zeichnet sich durch hohe Reißfestigkeit, Kochbeständigkeit und natürlichen Glanz aus[4]. In der Umgebung von Parsberg (Oberpfalz) wurde das oben beschriebene Verfahren (Aussaat im April/Mai, Handernte, Tauröste) traditionell praktiziert – insbesondere wegen der lokalen Boden- und Wasserverhältnisse. Im 19. Jahrhundert führten Konkurrenz durch Baumwolle und mechanisierte Verfahren dazu, dass der Anteil von Flachs/Leinen stark zurückging[5].
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Flachsernte
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Flachsgarben
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Dörrofen für Flachs
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Hecheln von Flachs
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Tauröste
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Flachsbrechen
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Riffeln von Flachs
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Tafeln "Flachsherstellung" / Burgmuseum Parsberg
- ↑ https://www.academia.edu/6608599/Flax_processing_in_the_Neolithic_and_Bronze_Age_pile_dwelling_settlements_of_eastern_Switzerland?utm_source=chatgpt.com
- ↑ https://www.museum-friedewald.de/museum/herstellung_und_verarbeitung_von_stoffen/flachsverarbeitung.html?utm_source=chatgpt.com
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Flachsfaser?utm_source=chatgpt.com
- ↑ https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-322-91661-7_10