Die Granitplatten der Großen Straße
Spuren der "Große Straße" auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg finden sich auch in Parsberg.[1]

Die Große Straße
Die Große Straße wurde 1939 als zentrale Aufmarschstraße des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg fertiggestellt. Sie ist fast 2 Kilometer lang und rund 60 Meter breit. Ihr Verlauf ist nordwestlich zur Nürnberger Kaiserburg ausgerichtet – ein bewusst gewähltes Symbol zur Verbindung des nationalsozialistischen Regimes mit der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches und den einstigen Reichstagen in Nürnberg.[2]
Die Ausrichtung sollte einen suggestiven visuellen Zusammenhang zwischen dem mittelalterlichen Nürnberg mit seinen kaiserlichen Reichstagen und der neuzeitlichen Rolle Nürnbergs als Stadt der Reichsparteitage erwirken.[2]
Die ursprünglich geplante Straße weist eine Gesamtlänge von zwei Kilometern auf, von denen bislang 1,5 Kilometer realisiert wurden. Ihre reguläre Breite beträgt 40 Meter. Im südlichen Bereich der Dutzendteiche wird die Straße durch Tribünenstufen gesäumt, wodurch sich die Gesamtbreite an dieser Stelle auf etwa 60 Meter erweitert. Der Fahrbahnbelag besteht aus Granitplatten in zwei unterschiedlichen Grautönen, die auf einer Betonunterlage verlegt wurden. Diese farbliche Strukturierung – in Hell- und Dunkelgrau – diente der besseren Orientierung und Ausrichtung marschierender Formationen. Die hellgrauen, quadratischen Platten besitzen eine Kantenlänge von 1,2 Metern, was exakt der doppelten Länge eines preußischen Stechschritts entspricht.[3]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 befanden sich auf zahlreichen Baustellen des NS-Regimes unbeaufsichtigte Baumaterialien – auch auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Dort lagerten ungenutzte Granit- und Sandsteinplatten, ursprünglich für die Fertigstellung der „Großen Straße“ bestimmt.[1]
Die Granitplatten und Parsberg
Ein Bauunternehmer aus Parsberg, dem es gelungen war, einen Lastkraftwagen über das Kriegsende hinweg funktionsfähig zu erhalten, nutzte die Situation und transportierte eine größere Anzahl dieser Granitplatten – jeweils mit den Maßen 1,20 x 1,20 Meter – nach Parsberg.
Die Platten blieben in den folgenden Jahrzehnten weitgehend unbeachtet und waren über das Stadtgebiet verteilt: etwa 30 Stück befanden sich im Bereich um die ehemaligen Sparkasse, weitere 20 an einer Garageneinfahrt im Stadtzentrum.[1]
Diese 50 Steine aus Parsberg hätten gerade für eine Lage der Großen Straße gereicht.

Im Zuge der Sanierung des historischen Stadtkerns und Kirchenplatzes von Parsberg wurden die Granitplatten geborgen und im öffentlichen Raum neu arrangiert. Heute dienen sie als Wegeführung zum kleinen Treppensteig gegenüber der Stadtapotheke.
Erinnerungskultur
Die Herkunft der Steine verweist auf eine belastete Vergangenheit: Die Quader wurden unter Zwangsarbeit in KZ-nahen Steinbrüchen wie in Flossenbürg hergestellt. Häftlinge mussten dort unter extremen körperlichen Belastungen bis zum physischen und psychischen Zusammenbruch, unter permanenter Schikane durch die SS, die massiven Steine aus dem Fels schlagen. Die Umnutzung dieser Materialien im öffentlichen Raum stellt somit auch einen erinnerungskulturellen Bezug zur Geschichte ihrer Entstehung her.

Quellverzeichnis
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Anton Schweizer, "Parsberger Alltagsgeschichten aus einer längst vergangenen Zeit", Auflage 2, Burgmuseum Parsberg, 2020
- ↑ 2,0 2,1 https://nuernbergreichsparteitagsgelaende.de/portfolio/feature-sport-trailer/
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsparteitagsgel%C3%A4nde