Altstraßen im Bereich der TK 25 6941 Stallwang
Die Karte TK 6941 Stallwang liegt an der Grenze zwischen Oberpfalz und Niederbayern und wird von der Bundesstraße B 20 durchzogen, die von Furth i.W. nach Straubing führt und die Cham-Further-Senke mit dem Donautal verbindet.
Das Chamer Becken
Das Chamer Becken wurde bereits in vorgeschichtlicher Zeit seit mindestens 3000 Jahren besiedelt. Es bildet neben der Eger-Wondreb-Senke, der Senke Waidhaus-Pfraumberg und der Senke, die Linz über Freystadt mit Krummau und Budweis verbindet, einen vierten Übergang durch den Böhmerwald ins böhmische Becken. Das Chamer Becken, das Herzstück des Landkreises Cham, ist der westliche Teil des Cham-Further Senke, die den Oberpfälzer Wald im Nordwesten vom Böhmerwald und Bayerischen Wald im Südosten trennt. Von Arnschwang gegen Furth i. W. liegt die Further Senke. Die Luftlinie zwischen dem Dachsriegel (826 m) und dem Hohen Bogen (976 m) beträgt nur etwas über 10 km, die Talbreite unter 500 m Meereshöhe gerade 4 km.
Die Längenausdehnung des Beckens beträgt etwa 22 km bei einer durchschnittlichen Breite zwischen vier und fünf Kilometern und wird vom Flüsschen Chamb und dem Regen durchflossen. Das Becken wird geologisch vom Pfahl, einem Quarzgang, von Nordwesten nach Südosten durchzogen. Bei Thierlstein überquert der Pfahl das Chamer Becken. Zu den naturgeographischen Gegebenheiten kommen noch besondere klimatische Gegebenheiten, die das Wetter positiv beeinflussen. Diese Gegebenheiten machten das Chamer Becken bereits in vorgeschichtlicher Zeit zu einem wichtigen Durchgangsgebiet zwischen Süddeutschland und Böhmen bzw. Schlesien.
Die Reichsburg Cham als Verkehrsknoten
In der Mitte des Chamer Beckens entstand am Zusammenfluss von Chamb und Regen die Reichsburg Cham, die zusammen mit etlichen anderen Befestigungsanlagen das Regental beherrschte. Kirchlicher Mittelpunkt war Chammünster, ein Vorposten des Bistums Regensburg, von wo aus Böhmen christianisiert worden ist. Im Zentrum des Chamer Beckens liefen wichtige Verkehrswege aus verschiedenen Richtungen zusammen. Von Cham aus führte eine davon ins Schwarzachtal und über Klentsch nach Bischofteinitz nach Pilsen, wo ebenfalls verschiedene Verkehrswege zusammentrafen. Die alte Hochstraße durch die Cham-Further-Senke galt als eine der besten Wege von Bayern nach Böhmen. So entwickelte sich Cham im Hochmittelalter zu einer wichtigen Zoll- und Mautstation für den Transithandel nach Böhmen. [1]
Altwege nach Böhmen
Der Altwegeforscher Anton Dollacker lagen in seinen Forschungen neben den Altstraßen in der mittleren Oberpfalz auch vorgeschichtliche Wege nach Böhmen am Herzen. Er vermutet eine Altstraßentrasse (Nr. 61), die aus Schwandorf und Bruck kommend über Cham und Furth i. W. nach Böhmen führte und Taus zum Ziel hatte.[2]
Taus zum Ziel hatte nach Dollacker noch eine weitere Trasse (Nr. 67), die aus dem Donautal bei Straubing über den Stallwanger Sattel über Parkstetten, Gschwend, Ascha, Ratiszell, Stallwang, Traitsching nach Cham führte und die wie die oben genannte Nr. 61 über Furth i. W. nach Taus weiter nach Pilsen ging. [3]
Römische Kontakte nach Böhmen
Wie Funde entlang von Naab, Schwarzach und Regen belegen, wurde bereits in der Jungsteinzeit der begehrte Silex aus dem großen Feuersteinbergwerk bei Arnhofen (Landkreis Kelheim) ins Böhmische Becken bis in die Nähe von Prag gehandelt. Mit großer Sicherheit führten Jahrhunderte später sowohl vom römischen Regensburg über das Regental als auch vom römischen Straubing über Stallwang Handelswege nach Böhmen. Nicht nur eine römische Münze (Marc Aurel), gefunden bei Schlammering, belegt diese Tatsache. Wohl nicht zufällig finden sich in zahlreichen tschechischen Museen römische Münzen, die offensichtlich einen intensiven Handel des römischen Reiches mit Böhmen beweisen. Die historische Forschung hat belegt, dass die römische Kultur auch noch bis zu hundert Kilometern jenseits der befestigten Grenze des Limes wirksam war. Diese Tatsache gilt sicher auch für den „nassen Limes“, den die Donau bildete.
Kamen die ersten Baiern tatsächlich aus Böhmen?
Die Herkunft der Baiern war über Jahrhunderte ein Rätsel, das immer wieder die Historiker und Chronisten beschäftigt. Zum ersten Mal ist der Stamm in der Chronik der Langobarden des Geschichtsschreibers Jordanis im Jahre 551 genannt, wo sie „Baiovarii“ genannt werden, was als „Leute aus Baia“ gedeutet wird. Tatsächlich gab es Leute, die „Baia“ als Böhmen gedeutet haben. Tatsächlich hat bereits Dollacker mit seiner Trasse eine Wegeverbindung mit Böhmen hergestellt und sie über den Stallwanger Sattel, der nur eine Höhe von 360 m über NN aufweist, ins Donautal bei Straubing weitergeführt. Die im digitalen Geländemodell der TK 6941 Stallwang aufgelisteten Hohlwege gehören mit Sicherheit zu dem Altwegesystem, das über den Stallwanger Sattel von Norden nach Süden führte. Die Tatsache, dass entlang der alten Trassen bis heute moderne Verkehrswege führen, wie etwa die B 20 zwischen Futh i. W. und Straubing, ist nicht die Ausnahme, sondern fast schon die Regel.
Bereits 1935 schrieb Anton Dollacker dazu: „In der römischen Kaiserzeit blieben jedenfalls all diese bestandenen Wege durch den Oberpfälzer Wald schon wegen des zu den Kastellen an der Donau und am Limes gegangenen Handels in Benützung und dies war sicherlich auch noch in der Völkerwanderungszeit wenigstens hinsichtlich der Further Senke der Fall; denn meines Erachtens sind die im 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus Böhmen in die Donauebene bei Straubing und Regensburg eingewanderten Bayern dahin nicht bloß auf dem weiten Umweg über Budweis und Linz, wie di herrschende Lehre annimmt, sondern auch über Furth i. W. gekommen und haben von ihnen in Cham und Roding abgesplitterte Teile gleichzeitig das herrenlose und fruchtbare Land der an der Naab und Vils in Besitz genommen, was durch die 1932 entdeckten merowingischen Reihengräber in Theuern und Unterammerthal wahrscheinlich gemacht ist.“ </ref>Dollacker, Anton: Kulturelle Beziehungen der Oberpfalz zu Böhmen und Wegverbindungen zwischen diesen zwei Ländern in der Vorzeit, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 85, (1935), S. 235 –249, besonders S. 249</ref>
Die Archäologie liefert den Beweis
Einen wichtigen Beleg über eine mögliche Herkunft der Baiern aus Böhmen liefern schließlich die Archäologen: In einer Zeit, als im böhmischen Becken um 300 n. Chr. elbgermanische Keramik aufhört, taucht sie im Vorfeld des Straubinger Römerkastells wieder auf. Die Funde werden so interpretiert, dass jeder elbgermanische Stamm, der diese Keramik herstellte, über den Stallwanger Sattel in das Donautal einwanderte und sich am östlichen Donauufer bei Straubing niedergelassen haben. Sie verrichteten anscheinend als Grenztruppen im Sold der Römer ihren Dienst. Diese Praxis der Römer, an den Grenzen ihres Reiches einheimische Stämme als Verbündete („foederati“) anzuwerben, war nicht unüblich und ist mehrfach belegt.
Regensburg als Hauptstadt
Nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft nördlich der Alpen stießen offenbar die Bajuvaren in das entstandene Machtvakuum, wanderten die Donaustraße aufwärts und machten Regensburg, dessen Stadtbefestigung noch weitgehend intakt war, nach dem Jahr 400 zum Zentrum ihrer Herrschaft. Allerdings liegen die Vorgänge bei dieser Landnahme. Auf jeden Fall waren die Baiern keineswegs die „Fußkranken der Völkerwanderung“, wie ihnen schon unterstellt wurde, sondern integrierten, wie in einem „Schmelzofen“, hier noch vorhandene keltische und romanische Bevölkerungsreste und vergrößerten nach und nach ihr Siedlungsgebiet entlang der Donau und ihrer Nebenflüsse. Regensburg wurde schließlich mit dem Sitz eines Herzogs zum politischen als auch kirchlichen Zentrum des jungen Baiern.[4]
Interessante Forschungsergebnisse über die Herkunft und Stammesbildung der Baiern erwarten sich in jüngster Zeit die Archäologen und Historiker aus der Auswertung der Relikte eines großen Gräberfeldes mit Hunderten von Bestattungen, die im Westen des Regensburger Stadtgebietes auf dem alten Bahngelände zwischen Bahnhof und Dechbetten ergraben wurden. Dieser Friedhof weist ohne zeitliche Unterbrechung Gräber sowohl aus römischer Zeit als auch aus bajuwarischer Zeit auf und könnte den Wandel in der Bevölkerungsstruktur Regensburgs zwischen den Römern und den Baiern nachvollziehbar machen und durch anthropologische Untersuchungen die Theorie über tatsächliche Herkunft der Baiern weiter festigen.
Weblinks
- Karte der Hohlwege, Steige und Denkmäler im Bereich der TK 25 Blatt 6941: Stallwang
- Karte der Hohlwege im Bereich der TK 25 Blatt 6941: Stallwang
- Karte der Steige im Bereich der TK 25 Blatt 6941: Stallwang
- Karte der Denkmäler im Bereich der TK 25 Blatt 6941: Stallwang
Einzelnachweise
- ↑ Helmut Quitterer: Die Besiedlung des Chamer Beckens: Ein Überblick. Roding 1990, S. 7 - 17
- ↑ Anton Dollacker: Kulturelle Beziehungen der Oberpfalz zu Böhmen und Wegverbindungen zwischen diesen zwei Ländern in der Vorzeit. urn:nbn:de:bvb:355-rbh-1530-1, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Band 85. Hrsg.: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg, Regensburg 1935, urn:nbn:de:bvb:355-rbh-2744-2, S. 245-249
- ↑ Anton Dollacker: Altstraßen der mittleren Oberpfalz. urn:nbn:de:bvb:355-rbh-1575-7, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Band 88. Hrsg.: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg, Regensburg 1938, urn:nbn:de:bvb:355-rbh-2740-1, S. 167-186
- ↑ Hans Dachs: Der Umfang der kolonisatorischen Erschließung der Oberpfalz bis zum Ausgang der Agilolfingerzeit. urn:nbn:de:bvb:355-rbh-1547-3, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Band 86. Hrsg.: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg, Regensburg 1936, urn:nbn:de:bvb:355-rbh-2742-1, S. 159-178