Altstraßen im Bereich der TK 25 6640 Neunburg vorm Wald

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Neunburg v. Wald wird im Jahre 1017 erstmals urkundlich erwähnt. Etliche Orte der Umgebung schenke Kaiser Heinrich II. dem von ihm gegründeten Bistums Bamberg. Ursprünglich waren große Teile des nordbayerischen Grenzgebietes im Besitz der mächtigen Markgrafen von Schweinfurt. Ihr Territorium zog sich von Cham über den Raum Amberg und Bayreuth bis an den Unterlauf des Mains. Als Kaiser Heinrich dem Schweinfurter Grafen den angestrebten Titel des bayerischen Herzogs verweigerte, kam es 1003 zur sogenannten „Schweinfurter Fehde“, die mit einer verheerenden Niederlage der Schweinfurter Markgrafen endete.

Nach der Niederlage der Schweinfurter, die auch zur Zerstörung etlicher Ihrer Burgen führte (z.B. Ammerthal), entzog der Kaiser den Markgrafen einen großen Teil des an sie nur verliehenen Besitzes, darunter wohl auch das Amt Warberg.

Urzelle von Neunburg v. W.: Der Warberg

Auf dem Warberg stand eine mächtige Burganlage. Diese Burg gehörte zu einer ganzen Reihe von Festungsanlagen, die den Granitriegel des Schwarzachberglandes bestückten: Neben dem Warberg waren dies die Schwarzenburg bei Rötz, der „Alte Thanstein“ und Haus Murach bei Oberviechtach. Diese Burgen dienten der Kontrolle und der Sicherung der Straße nach Böhmen.[1][2]

Bald nach der ersten Zerstörung der Burg auf dem Warberg entstand alternativ eine „neue“ Burg an der Schwarzach, die im Lauf der Zeit den Namen „Neunburg“ bekam. Zwar wurde die Burg auf dem Warberg nach ihrer Zerstörung wieder aufgebaut, mächtiger als zuvor, doch sukzessive verlagerte sich der Herrschaftsmittelpunkt des einstigen Amtes Warberg auf die „neue“ Burg an der Schwarzach.

Amtssitz Neunburg v. W., kirchlicher Mittelpunkt Schwarzhofen

Die Wittelsbacher, die schließlich das Amt Neunburg 1261 erwarben, machten die Stadt im Verlauf der Geschichte zum Sitz eines Pfalzgrafenamtes und errichteten sogar eine pfalzgräfliche Residenz. Im Dunstkreis des Amtes Warberg-Neunburg entstanden verschiedene Ministerialenburg wie Schwarzeneck und Pettendorf. Im späten Mittelalter erreichten die Ministerialen eine gewisse Selbständigkeit und betätigten sich an der Schwarzach als auch Hammerherren. Eine Reihe von Hammerwerken in diesem Raum ist auf sie zurückzuführen.

Kirchlicher Mittelpunkt des Raumes war allerdings Schwarzhofen. Die Gründung der Pfarrei an einer Schwarzachfurt erfolgte bereits vor der ersten Jahrtausendwende, wie das einstige Laurentius-Patrozinium (seit 1972 Maria vom Siege) vermuten lässt. Gründer der Pfarrei dürften der Adel gewesen sein, der einst auf dem Warberg saß. Erst im Zuge der Reformation erhielt Neunburg v. Wald als Pfarrei seine kirchliche Selbständigkeit.

Regensburger Klosterbesitz in Schwarzhofen

Die Grafen von Ortenburg, die auch die Burg Murach in Besitz hatten, überließen den Regensburger Dominikanerinnen des Klosters Hl. Kreuz in Schwarzhofen im Jahre 1237, direkt bei einer Schwarzachfurt nahe der Pfarrkirche gelegen, einen Wirtschaftshof mit einem weiteren umfangreichen Besitzung entlang der genannten Altstraße nach Regensburg, sowohl südlich als auch nördlich der Schwarzach.[3][4]

Am Ende des 17. Jahrhunderts entstand auf dem Gelände des einstigen Wirtschaftshofes ein Kloster des Ordens, das bis zur Säkularisation 1803 bestand hatte. Der Wirtschaftshof bzw. das spätere Kloster der Dominikanerinnen lag den Urkunden nach ausdrücklich an der „Straße nach Regensburg“. Allerdings ist dabei nicht die beschriebenen frühmittelalterliche Trasse in Richtung Premberg gemeint, sondern eine offensichtlich spätere, neuen Trasse des Hochmittelalters, die nun über Taxöldern, Bodenwöhr und Bruck nach Süden an die Donau führte. Sie wird später als „Hauptkomerzialstraße“ bzw. als „Kaiserliche Landstraße“ bezeichnet.[5]

Frühmittelalterliche Trasse

Die frühmittelalterliche Altstraße aus der Bodenwöhrer Senke in Richtung Böhmen gabelte sich vor Schwarzhofen (vgl. Altstraßen im Bereich der TK 25 6639 Wackersdorf), passierte den Ort am nordwestlichen bzw. südöstlichen Ortsrand und liefen auf den Höhenrücken des Schwarzachgebirges zu. Die Meidung des Ortes Schwarzhofen gilt als ein weiteres Indiz dafür, dass die Straße älter ist als der Ort selbst.

Funde an der nordwestlichen Trasse im Bereich des Kaplanackers und auch am südwestlichen Ortsrand Schwarzhofens auf der Schwarzachterrasse lassen vermuten, dass die hier genannten frühmittelalterlichen Altstraßentrassen bereits in vorgeschichtlicher Zeit genutzt wurden.

Die Trasse, die Schwarzhofen im Nordwesten passierte, lief am Kaplanacker vorbei weiter in Richtung Ziegelhof überquerte auf einem etwas Pass zwischen dem Haginger Berg und dem Kühberg (!), im Volksmund auch Signalberg genannt, den Granitriegel des Schwarzachgebirges und führte in Richtung Frauenhäusl (Klosterbesitz der Dominikanerinnen) weiter nach Osten. Das Gebiet des Prackendorf-/Kulzer Mooses wurde dabei wegen seiner Unbefahrbarkeit nördlich umgangen.

Der Flurname „Kühberg“ verweist vermutlich darauf, dass auf dieser Trasse einst auch größere Rinderherden rasteten, die von Böhmen aus auf diesem Weg nach Regensburg getrieben wurden. Der Ochse im Wappen von Schwarzhofen könnte auch diesen einstigen Viehtrieb hinweisen.

Zahlreiche Altwege um Warberg, Thanstein und Schwarzwihrberg

Im Bereich der genannten Burgen Warberg, Thanstein und Schwarzwihrberg läßt sich schließlich eine Vielzahl von Altwegetrassen belegen. Der Granitriegel des Schwarzachgebirges, der am Warberg immerhin 570 m aufweist, wurde also nicht weiträumig umgangen, sondern im Interesse der jeweiligen Herrschaften auf direktem Weg angefahren und überquert.

Die Wege hinauf zu den Burganlagen weisen auf die Kontrollfunktion dieser Burgen hin. Hier waren offenbar Zollstellen eingerichtet. Außerdem sorgten die jeweiligen Burgherren für die Sicherheit der Reisenden, indem sie für das Geleit zuständig war, wofür natürlich entsprechende Gebühren zu entrichten waren. Die zahlreichen Altwegespuren um Kröblitz verweisen weniger auf einen intensiven Reiseverkehr, sondern belegen die Bedeutung und Nutzung des einstigen Hammerwerkes Der Großbereich um Schwarzhofen war also, wie die zahlreichen Altstraßenspuren belegen, mindestens seit dem Mittelalter ein Verkehrsknoten, wo sich Trassen aus verschiedenen Himmelsrichtungen kreuzten.

Die Romwegkarte des Erhard Etzlaub 1500

Jüngeren Datums ist offenbar eine andere Altstraßentrasse die aus Nordosten kommend Schwarzhofen am nördlichen Rand passierte und die auf der „ersten Straßenkarte“ dokumentiert ist. Es handelt sich um die sogenannte „Romwegkarte“, die zum Heiligen Jahre 1500 erschien. Also handelt es sich eigentlich um eine Karte für Pilger, die ihnen von Nord- und Ostsee über Mitteldeutschland den Weg nach Rom wies.

Auf dieser Karte aus dem Jahr 1500, nach dem Erfinder, dem Nürnberger Himmanisten Erhard Etzlaub auch „Etzlaubkarte“ genannt, ist der grobe Verlauf dieses Pilgerwegs durch die Oberpfalz nachzuvollziehen: Kommend aus den Etappenorten wie Zwickau und Eger werden auf der Karte im Bereich der heutigen Oberpfalz ausdrücklich die Stationen Weiden, Neunburg v. W. („Niwenburg“) und Regensburg genannt. Auf Neunburg als Pilgerort verweist auch das Patrozinium St. Jakobus der kleinen Kirche in der Vorstadt „Aign“. Über Penting (Nikolauskirche!) führte die Pilgerroute schließlich weiter in Richtung Bruck und Nittenau nach Regensburg.[6][7]

Die von Schwarzhofen im späten Mittelalter ausgehende „Regensburger Straße“ führte den Pfarrberg hinauf (abgegangenes Hohlwegsystem!), an der Laurentiuskapelle und Geratshofen vorbei (Steinkreuz) nach Pissau, passierte bei Blechhammer den Hammersee in Richtung Bruck und lief durch den Einsiedlerforst in Richtung Nittenau und führte dann weiter auf der obengenannten Pilgertrasse nach Regensburg.

Als „Freie kaiserliche Landstraße“ wird der von Schwarzhofen nach Norden führende weitere Verlauf dieser Trasse im Jahre 1577 bei Nunzenried genannt. Hier bestand seit 1606 eine Raststätte mit Stallungen und Weideflächen, 1649 kam eine Schmiede hinzu. Über Pirkhof führte die Straße weiter über Moosbach bzw. Eslarn nach Böhmen. Dollacker verzeichnet den weiteren nördlichen Verlauf dieser „Kaiserliche Landstraße“, die doch eine gewisse Bedeutung hatte, in seinen Karten nicht.[8].

Altstraßen um Neunburg v. W. und Schwarzhofen nach Dollacker

  • Nr. 54: ausgehend von Nabburg durch das Schwarzachtal entlang der heutigen Staatsstraße nach Neunburg v. W.: Nabburg-Venedig - Diendorf – Schwarzach – Willhof – Altendorf – Zangenstein – Girnitz -Schwarzhofen – Unteraschau – Neunburg v. W. Hatte Anschluss bzw. Fortsetzung in Nr. 58 (s. unten).
  • Nr. 57: Von Schwarzach über den Höhenrücken laufend, östlich Unter- und Mitterauerbach nach Schwarzhofen. Hatte in Schwarzach Anschluss an Nr. 54 (s. oben) und in Schwarzach an Nr. 59 (s. unten). Heißt „Kohlstraße“, ebenso wie bei Dollacker die Nummer 55 (=Schwarzenfeld – Pretzabruck - Schwarzach)
  • Nr. 58: Schwarzach – Hohenirlach -Sonnenried -Kemnath – Fuhrn – Ebersdorf – Neunburg v. W. – Rötz – Waldmünchen – Klentsch – Taus. Hatte in Schwarzenfeld Anschluss an Dollacker Nr. 8 (Amberg – Högling – Schwarzenfeld).
  • Nr. 59: Schwarzhofen – Prackendorf – Kulz – Muschenried – Haag – Treffelstein -Untergrafenried. Hatte in Schwarzhofen Anschluss an Nr. 54 und Nr. 57 (wie oben). Dieser Straßenzug ist überliefert aus den Zoll- und Mautakten Nr. 184 im Staatsarchiv Amberg aus dem Jahre 1669.[9]

Nicht genannt ist bei Dollacker auch die mittelalterlich Straßentrasse, die aus Norden kommend über die Wallfahrtskirche Johannesberg an Oberviechtach vorbei nach Moosbach oder Eslarn führte. Nach Süden verläuft die Trasse als „Regensburger Straße“ an der Laurentiuskapelle vorbei in Richtung Lengfeld und Pissau (Hohlwege südlich!), über das Gelände der ehemaligen Standortschießanlage Neunburg v. W. nach Bodenwöhr und weiter nach Bruck. Ziel war, über einen Anschluss an die Trasse Dollacker Nr. 66, über Nittenau und Kürn die Stadt Regensburg.

Schwarzhofen gerät ins Abseits

Der Verlauf dieser Trasse von Schwarzhofen nach Regensburg ist aus den Akten des Staatsarchivs Amberg ausdrücklich erwähnt. Als nämlich der Magistrat von Schwarzhofen als Kompensation für das aufgelöste Kloster bei der Regierung einen Viehmarkt bzw. eine Getreideschranne fordert, wird in der Argumentation auf ein weiteres Problem verwiesen: Durch die Trassenführung der neuen Chausseen von Waidhaus nach Regensburg, die nun durch das Naabtal führte, Schwarzhofen nun drei Wegestunden entfernt. Der Abstand von der Chaussee, die von Amberg über Rötz nach Böhmen führte, betrug für Schwarzhofen immer noch eine Wegestunde. Von der ursprünglichen „Hauptkommerzialstraße“ die einst von Böhmen über Schwarzhofen nach Regensburg führte, war allein die unbedeutende „Vizinalstraße“ von Waidhaus und Moosbach geblieben, die weiter nach Bruck führte. Der einst vielbesuchte Marktort Schwarzhofen mit seiner früheren Lage an einer „freien kaiserlichen Landstraße“ war mit den neuen Trassenführungen überregionaler Wege an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert verkehrstechnisch weitgehend ins Abseits geraten.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alfred Wolfsteiner: Der Warberg im Netz mittelalterlicher Verkehrswege, in: Angelika Heller-Wolfsteiner/Alfred Wolfsteiner: Adelheid, ein mittelalterliches Frauenleben im Spannungsfeld von Adel, Kirche und Königtum. Selbstverlag 2010, S. 111 - 138
  2. Verena Kaufmann: Der Burgstall Warberg bei Neunburg vorm Wald. Büchenbach 1999
  3. Wilhelm Nutzinger: Historischer Atlas von Bayern, Altbayern Reihe I Heft 52: Neunburg vorm Wald. Hrsg.: Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1982, ISBN 3-7696-9928-9, S. 1-95
  4. Stefan Benz: Schwarzhofen - ein ländliches Dominikanerinnenkloster, in: Jahresband zur Geschichte und Kultur im Landkreis Schwandorf Bd. 30/31 (2019/20), S. 7 - 14
  5. 5,0 5,1 Alfred Wolfsteiner: Saumselige Beamte, hartnäckige Bürger: Schwarzhofens langer Kampf um einen Viehmarkt und eine Getreideschranne (1806 – 1812), in: Jahresband zur Geschichte und Kultur im Landkreis Schwandorf Bd. 32/33 (2021/22), S. 79 - 91
  6. Etzlaub: Romwergkarte, in: https://bavarikon.de
  7. Alfred Wolfsteiner: Es ist eine harte Reis`, wenn man den Weg nicht weiß: Die Oberpfalz in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Karten, in: Tobias Appl, Alfred Wolfsteiner: Auf alten Wegen durch die Oberpfalz,. Zur Geschichte der Mobilität und Kommunikation in der Mitte Europas. Hrsg.: Tobias Appl, Alfred Wolfsteiner, Friedrich Pustet, Regensburg 2022, ISBN 978-3-7917-3279-4, S. 153-169
  8. Georg Lang: Die historische Handelsstraße von Regensburg nach Böhmen im Raum Oberviechtach, in: Oberviechtacher Heimatkundliche Beiträge; 1 (1990), S. 16 – 30; Karte
  9. Anton Dollacker: Altstraßen der mittleren Oberpfalz, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 88 (1938), S. 167 – 186, in: www.heimatforschung-regensburg.de,