St. Michael evangelisch (Poppenricht)

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Koordinaten: 49° 28' 31.01" N, 11° 48' 15.12" E

St. Michael evangelisch (Poppenricht)
Evangelische Michaelskirche.jpg
Evangelische Michaelskirche Poppenricht
Adresse:Schulstraße 2
92284 Poppenricht
BLfD-ID:D-3-71-144-2

Die alte St.-Michaels-Kirche in Poppenricht ist die evangelisch-lutherische Pfarrkirche der Poppenrichter evangelischen Gemeinde. Das Bauwerk ist unter der Denkmalnummer D-3-71-144-2 als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen.

Geschichte

Wie die Inschrift auf der 1896 in Zahlung genommenen Michaelsglocke von Poppenricht überliefert, geht der Bau der Kirche auf das Jahr 1311 zurück. Es handelte sich um eine sogenannte Chorturmkirche, eine Bauform, die im Hochmittelalter verbreitet war. Dabei befand sich im Untergeschoss des geosteten Turms der Chor mit dem Altar. Nach Westen zu schloss sich das Langhaus für die Kirchenbesucher an. Die Verbindung zwischen den beiden Gebäudeteilen bildete der heute vermauerte, gotische Chorbogen, der sich noch in der Westwand des Kirchturms abzeichnet. 1759 trug man den baufälligen Turm in seinem oberen Teil ab und mauerte ihn neu auf. Dabei erhielt er seine barocke Zwiebelhaube. In den Kriegsjahren 1870/71 wurde die als sehr finster, klein, feucht und dämpfig beschriebene Kirche[1] unter Beibehaltung des Glockenturms nach einem Entwurf von Georg Friedrich Ziebland neu gebaut.[2] Man brach dazu die Mauern des Langhauses bis auf die Nordwand ab und rückte die Kirche nach Norden. Sie erhielt nun einen geräumigen, in fünf Seiten eines Zwölfecks schließenden Chor. Der Turm wurde damit zum Flankenturm, die einstige Langhausnordwand zur Südwand.[3]

Innenausstattung

Inneres der evangelischen Michaelskirche

Im Chor der Kirche befindet sich ein barocker Säulenaltar mit dem Bild des Höllensturzes. Erzengel Michael, der Patron der Kirche, jagt Luzifer, der Gott gleich sein wollte, aus dem Himmel und stürzt ihn hinab in die Hölle. In Siegespose steht er auf dem Rücken seines Widersachers, das Flammenschwert in der ausgestreckten Rechten. Zwei Engel tragen seinen Schild mit der Aufschrift QUIS UT DEUS? (Wer ist wie Gott?). Von dem Wort DEUS ausgehend, trifft der Bannstrahl Gottes in Form eines Blitzes den in die Finsternis stürzenden Luzifer. Der ist mit Fratzengesicht, Fledermausohren, Geißhörnern und Drachenflügeln dargestellt. Oben im Auszug des Altars das Bild von Gott Vater. Ebenfalls aus barocker Zeit stammt die Kanzel mit ihrem puttenbesetzten Schalldeckel. An der nördlichen Innenwand der Kirche befindet sich ein Kriegerdenkmal von 1870/71 für drei Gefallene von Poppenricht aus der Zeit des Umbaus der Kirche. Das Untergeschoss des Turms, in dem sich einst der Chor befand, besaß ein gotisches Kreuzrippengewölbe, das im Zuge des Sakristeibaus 1935 ausgebrochen wurde, auch, um einen direkten Zugang auf den Turm zu schaffen. Der Schlussstein im Schnittpunkt der Rippen mit dem Haupt Christi ist heute unten im Turm eingemauert.[4]

Das Simultaneum

In vorreformatorischer Zeit gehörte Poppenricht zur Pfarrei St. Georg in Amberg und wurde durch einen Landkooperator betreut. 1542 kam es unter Martin Luther zur Reformation und damit zur Kirchenspaltung. Der Landesherr bestimmte fortan die Konfession seiner Untertanen. Herzog Christian August von Sulzbach, der in religiösen Angelegenheiten für seine Zeit äußerst tolerant war, führte 1652/53 in seinen Landen das Simultaneum ein (in Poppenricht ab 1654). Damit bestanden in Poppenricht nebeneinander eine evangelische und eine katholische Kirchengemeinde, die Kirche, Friedhof und sonstige Liegenschaften gemeinsam nutzten. Mit der Fertigstellung der neuen katholischen Kirche im Jahre 1964 wurde das Simultaneum in Poppenricht als letztes im Bistum Regensburg aufgelöst, und die Kirche am 16. Oktober 1966 als evangelisch-lutherische Kirche eingeweiht.[5]

Der Wehrfriedhof

Kreuz zur Erinnerung an den Simultanfriedhof

Ursprünglich besaß Poppenricht keinen eigenen Friedhof, vielmehr mussten die Toten auf dem Friedhof der Mutterpfarrei St. Georg in Amberg beerdigt werden. Dies änderte sich erst im Zuge des Landshuter Erbfolgekrieges, als Poppenricht um 1502 „wegen des Krieges und wegen der Leichen“ die Errichtung eines eigenen Friedhofs genehmigt wurde. Aus dieser Zeit stammt auch die Friedhofsmauer, die heute noch im südlichen Teil erhalten ist, und auf deren spätgotischem Torbogen das Jahr 1784 – das Jahr einer Renovierung – angebracht ist. Die stark ausgeführte Friedhofsmauer diente im Falle eines Krieges einem gewissen Schutz der Bevölkerung bei feindlichen Angriffen, genossen doch Kirche und Friedhof zumindest eine gewisse „Immunität“. Im Jahr 1899 erfolgte eine Erweiterung des Friedhofs und der Friedhofsmauer zum heute bestehenden Umfang. Nachdem die Simultankirchenverwaltung bereits 1969 die Auflösung des Friedhofs beschlossen hatte, ging er nach dem Ablauf der Ruhefrist 1984 endgültig in den Besitz der evangelischen Kirchengemeinde über, und wurde anschließend eingeebnet, bevor er im Rahmen der Dorferneuerung ab 1990 neu gestaltet wurde, und sein heutiges, parkähnliches Aussehen erhielt. Nur noch ein Kreuz erinnert heute an den aufgelassenen Friedhof.[6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Georg Viebeck, In: Der Eisengau, Bd. 91/1997, S. 106
  2. Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bayern V, Regensburg und Oberpfalz. Deutscher Kunstverlag, München 2008, S. 428
  3. Matthias Conrad, In: Der Eisengau, Bd. 91/1997; S. 102 ff.
  4. Matthias Conrad, ebd.
  5. Günter Vogl, In: Der Eisengau, Bd. 91/1997, S. 112 ff.
  6. Matthias Conrad, ebd., S. 109 ff.