Braunkohlebergbau Thanheim

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Vorgeschichte

Vor dem 2. Weltkrieg

Aus den Unterlagen des Bergamts Amberg im Staatsarchiv Amberg geht hervor, dass es schon im Jahr 1830 Probebohrungen nach Braunkohle im Bereich westlich von Thanheim gegeben hat [1]. Auch im 20. Jahrhundert noch gibt es Berichte, dass Thanheimer Bürger beim Brunnenbohren manchmal nach wenigen Metern auf Braunkohle stießen[2], so dass es auch schon in früheren Jahrhunderten den Menschen bekannt gewesen sein musste, dass in diesem Bereich Braunkohle zu finden war. 1910 wurden wieder Bohrungen durchgeführt[3].

Wechselnde Betreiber 1945-1949

Ganz konkret wurde es erst nach dem 2. Weltkrieg. Der akute Kohlemangel machte auch vorher nicht rentable Vorkommen plötzlich attraktiv. Im Fall Thanheim war es die amerikanische Militärregierung, die wegen des Kohlebedarfs der Luitpoldhütte im Oktober 1945 die Abteufarbeiten am so genannten Wendelinschacht genehmigte[4]. Es wurde ein 22 m tiefer Schacht angelegt, Maschinen wurden herantransportiert, ein Förderbock, Spurlatten und eine Gleisanlage, aber die Anlage stand bald still, und es wurde lediglich eine Wache aufrecht erhalten[5]. Die Luitpoldhütte schrieb ans Bergamt, dass sie entschlossen sei, die Braunkohlegrube Thanheim aufzugeben. Es handele sich um minderwertige, mit Ton vermengte Kohle mit nur mittlerem Heizwert, die für den Hausbrand ungeeignet sei. Als Industriekohle komme sie für die Luitpoldhütte in ihrem Betrieb auch nicht in Frage. Auch für andere Betriebe, so die Luitpoldhütte, sei die Thanheimer Braunkohle wohl nicht geeignet, da die „sehr abgelegene Grube“ eine hohe Frachtbelastung bedinge. Außerdem, so die Luitpoldhütte weiter, stehe der Verbrauch von Grubenholz in keinem Verhältnis zu Qualität und Menge der Kohle[6]. Trotz dieses negativen Urteils nahm im Mai 1947 die Deutsche Schachtbau- und Tiefbohrgesellschaft (Happurg / Hersbruck) den Betrieb auf[7]. Dahinter stand auch die Stadt Hersbruck, die einen dringenden Jahresbedarf von 25.000 t Kohle sah. Ihr damaliger Bürgermeister Söll schrieb, dass ein vermehrter Holzeinschlag um Hersbruck nicht möglich sei, da dieser bereits zu stark sei und die Verkarstung der Landschaft ansteige, so dass er seine Hoffnung auf die Braunkohle aus Thanheim setze[8]. Ab April 1948 war der Betreiber des Thanheimer Bergwerks die Bergwerksgesellschaft Thanheim[9]. Letzte Pächterin der Anlage bis zur Auflassung im Jahr 1949 war dann die Firma Kunz & Co. aus München[10].

Letzte Bohrungen in den 1970er Jahren

Noch von Oktober 1976 bis August 1977 wurden Probebohrungen vorgenommen im Hinblick auf einen erneuten Abbau, diesmal als Tagebau[11]. Im Bericht dazu hieß es: „Die Bohrergebnisse bestätigen die seit längerem bekannten, in die Malmkalke der Jura-Formation eingebetteten Braunkohlevorkommen westlich und östlich der Ortschaft Thanheim … Die schmale Kohlenführung unter der Ortschaft Thanheim wurde aus dem Untersuchungsprogramm ausgeklammert, da eine Umsiedlung der Ortschaft niemals rentabel gestaltet werden könnte … Das Braunkohlevorkommen „Thanheim-West“ war durch Bohrungen der Fa. Kunz & Co. hinreichend genau bekannt. … Danach ergab sich ein wahrscheinlicher Vorrat von 1,90 Mm3 = 2,09 Mt Braukohle, für deren Gewinnung 4,20 Mm3 Abraum bewegt werden müsste. Verhältnis Abraum : Kohle 2,211:1.“ Die Kohlenanalysen ergaben, dass die Thanheimer Braunkohle zwar kraftwerkstauglich, jedoch im Heizwert an der unteren Grenze liege. Eine Verwertung sei deshalb nur durch Zumischung höherwertiger Brennstoffe möglich[12].

Geologie

Geologisch gesehen ist das Thanheimer Braunkohlevorkommen die Ausfüllung eines alten Flussbetts im Tertiär (dieses Erdzeitalter begann vor 65 Millionen Jahren) in westlicher Richtung von Thanheim nach Seulohe und auch nach Osten Richtung Ruiding. Das Gebiet der Oberpfalz war zu dieser Zeit dicht mit Wäldern bestanden, das Klima war wärmer als heute. Flüsse durchzogen in großen Flussschlingen das Urwaldgebiet und unterhöhlten bei Hochwasser die Ufer. Die mitgerissenen Bäume verstopften die Flussbögen, so dass sich der Strom ein neues Bett graben musste. Diese mit Treibholz gefüllten Flussarme vermoorten, und über dem verfaulenden Holz siedelte sich neuer üppiger Pflanzen- und Baumwuchs an, der wieder verging – so häufte sich Schicht auf Schicht. Zeitweise wurden bei besonders hochgehendem Wasser diese Sümpfe vom Strom überspült, der Schlick und Schlamm über die vermodernden Pflanzenschichten ablagerte und vom Zutritt der Luft abschloss. Damit begann die so genannte Inkohlung der dicht zusammengepackten Pflanzenreste, ähnlich wie in einem Kohlenmeiler, nur viel, viel langsamer. So wechselten im Lauf der Jahrmillionen Einschwemmung, Pflanzenwuchs und Einbettung der Pflanzenreste mit Schlick mehrmals ab und bauten die Braunkohlenlager mit ihren tonigen Zwischenschichten auf. Die Kohle bestand laut Bergamt aus weicher Faserkohle, vorwiegend aus Sumpfpflanzen mit eingelagerten Schneckenschalen. Der Abbau war auf den Wendelinschacht am westlichen Ortsausgang von Thanheim begrenzt, im Süden begrenzt durch die Straße nach Ensdorf, im Norden und Westen durch „Ausbiss“ (d. h. Zutagetreten), im Osten durch die Ortschaft Thanheim. Im Jahr 1947 beschrieb das Bergamt Amberg in einem Bericht ans Oberbergamt München[13] die Braunkohlevorkommen folgendermaßen: Der Wendelinschacht sei mit Rücksicht auf die Landwirte auf Ödland errichtet worden. Bei 7,5 m befinde sich ein oberes Flöz von 4 m Mächtigkeit, bei 16 m ein zweites. Im ersten Flöz finde sich im Vortrieb der alten Strecken nach Nordwest schon nach wenigen Metern stückige reinere Kohle mit Planorbis- (= Schnecken-) Schalen. Nach Sümpfung (= Absenken des Grundwasserspiegels) des Schachts sei im 2. Flöz ausgefahren worden: hier fanden sich großstückiges Lignit (d. h. das Gefüge des Holzes ist hier noch zu erkennen), tiefschwarze erdige Kohle und kohliger Ton. Dieses 2. Flöz sei die Hauptmasse des Vorkommens, nach Süden bis 16 m mächtig, nach Osten bis 9 m.

Betrieb 1947-1949

Abbautechnik

Zwar findet sich ein Hinweis, dass die Luitpoldhütte aus Salzgitter einen Handbohrapparat habe kommen lassen[14], aber wahrscheinlich wurde dieser beim Übergang zur nachfolgenden Betreibergesellschaft ebenso wie Förderbock, Spurlatten und Gleisanlage von der Luitpoldhütte wieder abtransportiert, denn die Braunkohle wurde laut einem Zeitzeugen[15] am Ort in Handarbeit (Hacke und Schaufel) abgetragen. Die Belüftung, immer ein wichtiges Thema untertage, wurde durch einen Wetterschacht im östlichen Teil und durch mehrere Wetterlöcher im westlichen Teil gesichert. Ein Problem war auch das kontinuierliche Eindringen von Wasser. Eine elektrische Pumpe, die ständig bewacht werden musste, beförderte das Grubenwasser an die Oberfläche. Im Januar 1948 berichtete die Dt. Schachtbau an das Bergamt Amberg, dass starke Regenfälle zu einer „Durchnässung des Hangenden (= Gestein oberhalb der Lagerstätte), teilweisem oder gänzlichem Verbruch einzelner Strecken“ geführt hätten[16]. Die Gewinnung im Westfeld sei vorübergehend eingestellt. Untertage arbeiteten in mehreren Schichten gleichzeitig ca. 16 Mann. Aus diesem Grunde, weil nie mehr als 20 Menschen gleichzeitig untertage waren, beantragte die Braunkohlegesellschaft Thanheim eine Sondergenehmigung, auf einen zweiten Ausgang verzichten zu dürfen[17]. Dies wurde ihr auch im Dezember 1947 genehmigt. Die Braunkohle wurde in 600-l-Wagen mit Holzaufbau zum zentralen Schacht geschoben und dort mit einem Aufzug, der über Tage von einer 20-PS-Haspel angetrieben wurde, nach oben befördert, mittels eines Kreiswippers gestürzt, und gelangte dann über ein kurzes Förderband auf ein 8 qm großes Schüttelsortiersieb. Die klassifizierten Kohlensorten fielen dann in kleine Bunker. Übertage gehörten zum Bergwerk noch eine Schlosserei und Schmiedewerkstatt, eine Büro- und Mannschaftsbaracke, und eine Magazin- und Wohnbaracke[18]. Im November 1947, erfährt man aus einem Schreiben des Oberbergamts, dass die Oktoberförderung bei 376 t Braunkohle lag, dass untertage 16 Mann arbeiteten, aber insgesamt 50 Mann und ein technischer Angestellter vorhanden waren. Im Juni 1948 wurde den Betreibern sogar ein Volkswagen zugeteilt[19].

Transport

Zwei LKW standen zum Abtransport bereit. Die Bahnverladung fand 3,5 km entfernt am Bahnhof in Ensdorf statt, mittels einer einfachen Laderampe[20]. Es war sogar die Errichtung einer Seilbahn von Thanheim nach Ensdorf angedacht, auch die Einzelteile dafür waren schon in Thanheim angeliefert worden, aber zur Errichtung kam es dann doch nicht mehr[21]. Der Transport zwischen den verschiedenen Zonen im Nachkriegsdeutschland war nicht ganz einfach und war für den Warenverkehr oft sehr hinderlich. Im September 1947 wollte die damalige Betreiberin des Thanheimer Bergwerks, die Deutsche Schachtbau- und Tierbohrgesellschaft, 20 t Stückkohle an die BASF in Ludwigshafen für die Aktivkohleherstellung liefern. Der Bahnbeamte am Bahnhof Ensdorf lehnte aber die Beförderung der Thanheimer Kohle ab, da eine Ausfuhrgenehmigung in die französische Zone fehlte[22]. Diese wurde erst drei Monate später erteilt.

Folgen für Thanheim

Ein Zeitzeuge, Josef Färber, der später Bürgermeister von Thanheim wurde, berichtete, das Bergwerk habe negative Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Thanheimer gehabt. Durch die Grundwasserabsenkung hatten viele Häuser nördlich der Dorfstraße kein Wasser mehr in ihren Brunnen. Dies war auch ein Grund, den Bau einer Wasserleitung voranzutreiben. Als das Bergwerk in Betrieb genommen wurde, wurde jeder Thanheimer Waldbesitzer verpflichtet, Grubenholz (vorwiegend Kiefer, Stämme einer bestimmten Stärke) zu liefern[23].

Personal

Dipl.-Ing. Walter Odwarka, geb. 1902 in Schlesien, Absolvent der Montan-Hochschule in Leoben, war bis Anfang Februar 1949 Betriebsleiter[24]. Sein Nachfolger für die Abwicklungsarbeiten wurde Abteilungssteiger Alfred Veith, geb. 1907 in Oberschlesien[25]. Als Bergbeamter für die Verwaltung (Lohnabrechnung, Ausgabe von Essensmarken usw.) fungierte Ladislaus Fleischer, geb. 1901 in der Slowakei. Geschäftsführer der Braunkohlegesellschaft Thanheim war Rudolf Mertens, geb. 1909[26]. Dann gab es noch auf der mittleren Führungsebene die Hauer. Viele dieser bergmännisch ausgebildeten Männer wechselten dann ins Ruhrgebiet, wie aus den noch archivalisch vorhandenen Genehmigungen für den Umzug in die britische Zone hervorgeht[27]. Die Arbeiterschaft rekrutierte sich aus einer Handvoll Thanheimer (sowohl Einheimische als auch Flüchtlinge). Andere Arbeiter kamen aus Rieden, Kreuth oder Haselbach und Neukirchen. Schon 1947 schreibt das Bergamt Amberg an das Oberbergamt München, das es „den Antrag [auf Betrieb eines Bergwerks in Thanheim] im Interesse der Arbeitsbeschaffung für die landwirtschaftlich karge Gegend, die noch dazu mit Flüchtlingen überfüllt ist“, befürwortet[28]. Beispielhaft für die Bergarbeiter sei der Thanheimer Xaver Bachfischer genannt, der in 2009 in einem Zeitzeugeninterview über die Arbeit berichtete: Mit 17 Jahren (1947) fing Bachfischer an, untertage zu arbeiten. Er erinnerte sich noch gut, wie zunächst die Maschinen und Geräte angeliefert wurden und am Ortsrand herumlagen, bevor die eigentliche Arbeit losging. Eines Sonntags nach dem Kirchgang wurde vom Bürgermeister verkündet, dass Arbeiter für das neue Thanheimer Bergwerk gesucht würden. Bachfischer, wie die meisten seiner Kollegen, hatte keinerlei bergmännische Ausbildung, als er untertage anfing. Sie arbeiteten in 8-Stunden-Schichten in Akkordarbeit. Das Ansehen der Bergleute war laut Bachfischer besser als das anderer Arbeiter. Einmal in der Woche bekamen sie in der Verwaltungsbaracke ihren Lohn ausgezahlt. In den Schacht stiegen sie mit Leitern ab, die keinen Rückenschutz hatten. Unten, in etwa 15 m Tiefe, befand sich eine Kreuzung, Richtung Ensdorf verlief die Weststrecke, Richtung Thanheim die Oststrecke. Laut Bachfischer war diese die gefährlichere. Er schätzte, dass die Strecken bis zu 150 m lang waren, eine verlief auch in Richtung Rannahof. In den Strecken, die am Anfang so breit waren, dass zwei Förderwagen aneinander vorbei konnten, verliefen Schienen. Er berichtete, dass immer 2 Personen am Ort arbeiteten, einer hackte und der andere schaufelte. Als einer der jüngsten musste Bachfischer die Förderwagen zum Aufzug im Schacht fahren und leere Wagen wieder zurückbringen. Er schob die Wagen in den Aufzug und läutete eine Glocke. Dann setzte sich der Aufzug nach oben in Bewegung. Es war streng verboten, mit diesem Aufzug mitzufahren. Trotzdem haben dies Bachfischer und seine Kollegen öfter getan. Oft musste er mehrere Kolonnen gleichzeitig bedienen und kam richtig ins Schwitzen, wenn die Arbeiter mit ihm schimpften, weil sie nicht schnell genug einen leeren Wagen zurückbekamen. Eine weitere typische Arbeit für die jüngsten war die Pumpenwache. Es war entscheidend, den Wasserzufluss zu begrenzen, so dass der Ausfall der Pumpe sofort an den Elektriker gemeldet werden musste. Gut erinnert er sich noch an die „schwarze Soße“, die oberirdisch im Straßengraben abfloss. Jeder Arbeiter hatte eine Karbidlampe, die er auch am Arbeitsplatz aufhängen konnte. Bei der Arbeit trug man meist Holzschuhe, es gab keine Helme. Bachfischer konnte sich an keine spezielle Arbeitskleidung erinnern. Nach 4 Stunden machte man ca. 15 Minuten Pause und aß die mitgebrachte Brotzeit vor Ort. Rauchen war untertage erlaubt. Am Arbeitsplatz war es warm und trocken, so dass man im Hemd arbeiten konnte. Dies war besonders im Winter angenehm. Unangenehm war allerdings dagegen die stickige Luft, die nach Schwefel roch. Auch andere Gefahren drohten: „Manchmal fielen große Brocken von der Decke herunter.“ Die Stollen waren, außer in der Nähe des Schachts, ca. 1,50 m breit und ca. 2,50 m hoch. Alle 1,80 m gab es eine Abstützung aus Holz. Oben drüber sollten Bretter gelegt werden, damit von oben nichts herunter fallen konnte. Alle Holzarbeiten wurden von den Bergleuten selber erledigt. Das Grubenholz bestand aus Rundhölzern, die an einem Ende eingeschnitten waren, um Querhölzer auflegen zu können. Über die geförderte Kohle wusste Bachfischer zu berichten, dass sie im Urzustand nicht zum Heizen geeignet war, denn sie war zu nass. Erst nach einer ca. 1-jährigen Lagerung brannte sie gut. Außerdem sei sie geologisch sehr „jung“ gewesen, d. h. es waren oft ganze Baumstämme darin zu finden, die noch nicht vollständig in Braunkohle umgewandelt waren. Als dann schließlich die Strecken aufgegeben wurden, wurde das Grubenholz entfernt. Dazu wurde es mit einem Seil an eine Seilwinde angehängt und herausgerissen. Dabei kam es immer wieder zu Einstürzen. Einmal wurde einer eingeklemmt und musste aus seinem Lederstiefel herausgezogen werden. Bachfischer war überzeugt davon, dass es noch unterirdische Hohlräume gebe. An die Verwaltungsbaracke übertage dachte Bachfischer noch oft zurück. Ein Teil davon war ein großer Saal, der auch für Knappschaftsabende und Barbarafeiern genutzt wurde. Die Kameradschaft sei immer gut gewesen. Nach dem Einstellen des Betriebs in Thanheim wechselte Bachfischer an die Mathiaszeche nach Irlbach. Dies war ein reiner Tagebau, der im Jahr 1966 beendet wurde[29].

Das Ende und ein tragischer Unfall

Am 31.01.1949, heißt es in einem Bericht des Bergamts, war das Vorkommen im Bereich des Wendelinschachts erschöpft. Es seien insgesamt 13.123 t Braunkohle gefördert worden[30]. Nicht viel, wenn man sich den „Industrial Investigation Report“ ansieht, den die Braunkohlegesellschaft Thanheim in der euphorischen Anfangsphase bei Cpt. Robert D. Graves von der Niederbayern Mine Control Group (dem zuständige Offizier bei der amerikanischen Militärregierung) einreichen musste. Hier war noch von 60.000 t pro Jahr die Rede und von benötigten 200 Mann[31]. Im Rahmen der Abwicklung wurden die Strecken planmäßig „geraubt“, d. h. zurückgebaut. Das Grubenholz wurde entfernt und die Strecken, einschließlich Wendelinschacht, wurden aufgefüllt, das Gelände durch Drahtseile eingefriedet. Am 31.03.1949 wurde die Belegschaft bis auf einzelne Abwickler entlassen. Der von Kunz & Co. geplante Abbau der Seuloher Mulde im Tagebau wurde aufgrund der Besserung der Versorgungslage mit Kohle „zurückgestellt“ (bis zur endgültigen Aufgabe in den 70er Jahren, s. o.)[32]. Maschinen und Anlagen kamen soweit brauchbar an die neu entstandene Mathiaszeche in Irlbach. Auch Arbeiter konnten dorthin wechseln. Etliche Thanheimer, die Schäden an Vieh oder Grundstücken infolge des Bergbaus erlitten hatten, wurden entschädigt. So zum Beispiel ein Bauer im Jahr 1948, dessen Ochse einen Unfall hatte (Näheres ist nicht angegeben) und „12 Tage arbeitsunfähig“ war. Pro Tag erhielt er für seinen Ochsen 5 DM[33]. Mehrere Thanheimer Bürger erhielten Entschädigungen für ihre betroffenen Grundstücke, die alle im dreistelligen DM-Bereich lagen[34]. Am Montag, den 16. Mai 1949, kam es zu einem tragischen Unfall mit tödlichem Ausgang. Christa Weiß, die Tochter des Bergbeamten Ladislaus Fleischer berichtete 2009 in einem Zeitzeugeninterview: Die Förderarbeiten waren eingestellt, die Schächte sollten eigentlich verfüllt sein. Zwei Tage vor dem Unglück brach eine Kuh eines Dorfbewohners auf dem ehemaligen Bergwerksgelände, das ja angeblich eingezäunt war, ein. Am Tag darauf, dem Sonntag, regnete es stark, so dass der Bergbeamte Ladislaus Fleischer besorgt war, dass sich weitere solche Vorfälle ereignen könnten. Er ging also am Abend des 16. Mai mit seiner Frau auf einen Kontrollgang über die Halde und das Gelände. Plötzlich gab der Boden unter ihm nach, seine Frau stürzte zur Seite und er etliche Meter tief in einen mit sauerstoffarmen Gasen gefüllten Hohlraum. Trotz der herbei eilenden Feuerwehren aus Thanheim und Ensdorf und trotz ärztlicher Hilfe starb Fleischer. Noch heute ist auf dem Thanheimer Friedhof sein Grab zu sehen. Tragisch an der ganzen Geschichte war, dass der Betriebsleiter und Freund von Fleischer, der Ingenieur Odwarka, eigentlich Fleischer hatte überreden wollen, mit ihm ins Ruhrgebiet zu gehen. Aber Fleischer hatte abgelehnt und war zur Abwicklung noch in Thanheim geblieben[35]. Als Folge aus dem Unfall wurde beschlossen, die Braunkohlenhalde über dem Bruchgelände zu entfernen. Mittels LKW wurde bis Oktober 1950 die Staubkohlenhalde zum Bahnhof Schwandorf abgefahren, und die Stellen der Halde, unter denen Strecken verliefen, wurden durch Pflöcke markiert[36]. Nach dem Ende des Bergbaus bekam die Gemeinde die zwei Baracken geschenkt, in einer wohnte noch einige Zeit einer der Hauser. In der anderen Baracke wurde die erste Thanheimer Kirwa gefeiert, auch Christbaumversteigerungen fanden dort statt. Die Baracke war ein zentraler Veranstaltungsort für Thanheim[37]. Noch im Jahr 2008 gab es einen kleinen Einbruch im Bereich des Straßengrabens an der Straße nach Ensdorf[38].

Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 01.10.1945
  2. Josef Färber, Xaver Bachfischer, mdl. 2009
  3. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 02.07.1947
  4. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 01.10.1945
  5. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 20.05.1947
  6. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 15.05.1946
  7. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 18.04.1947
  8. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, o. D.
  9. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 13.04.1948
  10. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 01.03.1949
  11. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 110
  12. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 111
  13. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 02.07.1947
  14. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 20.05.1947
  15. Xaver Bachfischer mdl. 2009
  16. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 14.01.1948
  17. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 25.11.1947
  18. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 01.03.1949
  19. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 02.06.1948
  20. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 01.03.1949
  21. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, o.D.
  22. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 24.09.1947
  23. Josef Färber mdl. 2009
  24. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 20.05.1947
  25. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 267, 08.02.1949
  26. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 24.04.1949
  27. Staatsarchiv Amberg, Bestand Bergamt Amberg 266, 24.04.1948
  28. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 25.04.1947
  29. Xaver Bachfischer, mdl. 2009
  30. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 01.03.1949
  31. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, o. D.
  32. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 01.03.1949
  33. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 11.09.1948
  34. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 01.06.1950
  35. Christa Weiß, mdl. 2009
  36. Staatsarchiv Amberg Bestand Bergamt Amberg 266, 20.10.1949
  37. Josef Färber, mdl. 2009
  38. Josef Färber, mdl. 2009